Interviews

Warum klassische Sonnenhäuser immer noch ihre Berechtigung haben

Der Straubinger Architekt Georg Dasch hat das Sonnenhaus-Institut 2004 mitgegründet und ist seither 1. Vorsitzender (Foto: Sonnenhaus-Institut)

Interview mit Georg Dasch. Georg Dasch ist Architekt in Straubing. Er plant seit den 1990er Jahren Sonnenhäuser und hat 2004 das Sonnenhaus-Institut mitgegründet. Seitdem ist er 1. Vorsitzender des Sonnenhaus-Institut e.V.

Frage: „Herr Dasch, Heizen mit Strom, vor allem mit Photovoltaik und Wärmepumpe, ist im Trend. Warum sollte heute überhaupt noch jemand ein Sonnenhaus mit einer großen Solarthermie-Anlage bauen?“

Dasch: „Das klassische Sonnenhaus-System ist heute schon mit 100 Prozent regenerativer Heizenergie möglich. Ein gutes Sonnenhaus hat die niedrigsten Heizkosten bei einer geringen Komplexität der Anlage. Der Vorteil der Solarwärme besteht in den geringen spezifischen Speicherkosten und der Langlebigkeit von Wärmespeichern mit Wasser als Medium.“

Frage: „Also keine Photovoltaik auf dem Sonnenhaus?“

Dasch: „Ich habe schon bei meinen ersten Sonnenhäusern zusätzlich zur Solarthermie-Anlage Solarstrommodule mit in das Dach integriert. Damals waren sie zur Volleinspeisung, heute wird der Strom im Haushalt mitverbraucht. Die Kombination von Solarthermie, Nachheizen mit Biomasse und die Stromversorgung für Haushalt und Mobilität über eine Photovoltaikanlage ermöglichen ein Maximum an Eigenversorgung mit Solarenergie.“

Frage: „Um mindestens 50 Prozent Heizenergie von der Sonne zu erreichen, muss die Solarwärme zwischengespeichert werden. Dafür ist ein Langzeitwärmespeicher nötig und der braucht Platz. Was hat sich hier getan?“

Dasch: „Ein Langzeitwärmespeicher ist dann nötig, wenn der solare Deckungsgrad die 50 Prozent überschreiten soll. Ein Speicher von acht Kubikmeter ermöglicht bei einem Einfamilienhaus Deckungsraten von zirka 70 Prozent. Der Platzbedarf ist also nicht mehr so groß. Außerdem kann der Speicher geschickt in das Gebäudeinnere integriert werden, zum Beispiel als optischer Blickfang im Flur, um den herum sich die Treppe in das Obergeschoss schlängelt.“

Frage: „Ist eine Holzheizung oder eine Gastherme das bessere Nachheizsystem in Sonnenhaus?“

Dasch: „Wenn das Ziel eine 100 Prozent regenerative, CO2 freie Energieversorgung ist, dann scheidet eine Gastherme aus. Wenn es darum geht, geringe Investitionskosten zu haben und ein Anteil fossiler Energieverbrauch toleriert wird, dann ist eine Gasheizung eine Option.“

Frage: „Das Sonnenhaus-Konzept wird immer häufiger in Mehrfamilienhäusern und Geschosswohnungsbauten eingesetzt. Meistens kommen große Solarthermie-Anlagen zum Einsatz. Wie kann sich die Solarthermie hier gegen Photovoltaik und Wärmepumpe durchsetzen?“

Dasch: „Der Vorteil der Solarthermie ist die Bereitstellung von Temperaturen jenseits der 60 Grad, was eine komfortable, hygienisch einwandfreie Versorgung mit Warmwasser ermöglicht. Mehrfamilienhäuser werden in der Regel mit Gasthermen oder Biomassekesseln beheizt. So lange im Nachheizsystem ein Feuer brennt, ist die Kombination mit einer großen Solarwärmeanlage sehr sinnvoll. Eine PV-Anlage auf dem Dach kann ja sonst die Heizkosten nicht senken. Wenn die Nachheizung mit einer Wärmepumpe geplant ist, dann ergibt die Entwicklung eines Photovoltaik-Wärmepumpenheizsystems Sinn.

Frage: „Wird es in 20 Jahren noch klassische Sonnenhäuser mit Solarthermie geben?“

Dasch: „Auch in 20 Jahren wird es noch klassische Sonnenhäuser geben, weil sie technisch nicht überholt sind. Welche Technik neu eingesetzt wird, das will ich heute nicht beurteilen, weil bei der PV-Wärmepumpentechnologie noch viel Potential liegt. Wenn die Stromerzeugung ganzjährig regenerativ ist und Strom für ein paar Wochen gespeichert werden kann, dann muss man bewerten, was wirtschaftlicher ist: Strom oder Wärme zu speichern.“

Weitere Informationen: www.sonnenhaus-institut.de