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Die Ladesäuleninfrastruktur in Deutschland: Ein Ausblick

Für Bestandsbauten gelten Sonderregelungen, die ab einer Grenze von zehn Park- beziehungsweise Stellplätzen greifen. Weitere Voraussetzung ist, dass das Gebäude und auch die Stellflächen einer größeren Renovierung (ab 25 Prozent der Oberfläche der Gebäudehülle) unterzogen werden. Unabhängig von einer Renovierung müssen Nichtwohngebäude zudem ab 2025 über mindestens einen Ladepunkt verfügen (§ 10 Abs. 1 GEIG).

Flächenbezogene Ladeinfrastruktur

Zusätzlich zu den gebäudebezogenen Verpflichtungen sollen durch Ausschreibungen nach dem Schnellladegesetz die Ladepunkte in der Fläche weiter vorangebracht werden. Mittels der Ausschreibungen, die im August mit einer Vorinformation bereits angekündigt wurde, sollen an insgesamt 1.000 Standorten bis 2023 bundesweit für 1,9 Milliarden Euro Schnellladepunkte mit einer Ladeleistung von mindestens je 150 kW entstehen.

Das dadurch entstehende Deutschlandnetz soll flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung ermöglichen. Dieses Ziel gilt als erreicht, wenn Fahrer von jedem Standort innerhalb von zehn Minuten einen Schnellladepunkt erreichen und dabei maximal eine Wartezeit von 15 Minuten einplanen müssen.

Bild: Charlotte Stowe

Während für Nebenbetriebe und Stationen entlang der Autobahnen Sonderregelungen greifen, beschränkt sich die Schnellladetechnik allein auf reine Elektrofahrzeuge. Im Rahmen der Ausschreibung werden Regionallose gebildet, die nach ihrem Zuschnitt auch mittelständischen Anbietern eine Teilnahme ermöglichen sollen.

Eine neue Ladesäulenverordnung

Die neueste Änderung betrifft mit der Novelle der Ladesäulenverordnung (LSV) den für Ladeinfrastruktur anzusetzenden Standard. Mit der Zustimmung des Bundesrates ist die kurzfristige Bekanntmachung der Änderung zu erwarten.

Neu ist zum einen die Erweiterung der Definition von Ladepunkten auf die Option, das Fahrzeug auch zu entladen. Zum anderen werden die Vorgaben für die Steckerverbindung auf die aktuellen Normvorgaben aktualisiert. Zudem ist eine standardisierte Schnittstelle angedacht, über die Autorisierungs- und Abrechnungs- sowie dynamische Daten zur Betriebsbereitschaft und zum Belegungsstatus übermittelt werden können.

Ebenfalls sind – ab der Feststellung der technischen Möglichkeit – die Abwicklung der energiewirtschaftlich relevanten Mess- und Steuerungsvorgänge über ein Smart-Meter-Gateway einzurichten. Die Regulierungsbehörde ist nun dazu ermächtigt, die Nachrüstung dieser technischen Standards zu verlangen.

Wesentlicher Streitpunkt der Novelle war die Frage, ob neben rein webbasierten Zahlungsmethoden (beispielsweise App-basiert) ebenfalls Kartenzahlung als Möglichkeit vorgesehen werden sollte oder nicht. Die Entscheidung ist dabei für die Kartenzahlung gefallen. Nach § 4 Satz 2 Nr. 2 LSV-neu sind an oder in unmittelbarer Nähe des Ladepunktes die Authentifizierung und der kontaktlose Zahlungsvorgang mittels eines gängigen Debit- und Kreditkartensystems anzubieten.

Fazit

Im Sinne des Klimaschutzes und mit Blick auf die Prognosen der Zahlen für die notwendige CO2-Reduzierung im Verkehrssektor sind sowohl die Zunahme an E-Autos als auch die weitere Förderung der Ladeinfrastruktur generell zu begrüßen. Dabei muss sich die Praktikabilität einzelner Regelungen allerdings noch beweisen. So erscheint es aktuell schwer, bei einzelnen Renovierungsmaßnahmen abzuschätzen, ob diese rechtlich als „größere Renovierung“ gelten. Auch lässt sich hinterfragen, weshalb die Definition von Schnellladepunkten im Schnellladegesetz nicht mit der in der neu formulierten Ladesäulenverordnung übereinstimmt.

Bild: Catarina Jansson

Zu begrüßen ist hingegen die Verpflichtung zur Kartenzahlung. Solange sich noch kein standardisierter Zahlungsprozess und insbesondere eine einheitliche Plattform für eine wesentliche Mehrheit der Anbieter etabliert hat, ist sie aktuell die nutzerfreundlichste, wenn auch nicht digitalaffinste Lösung.

Insgesamt dürften die hier beschriebenen Regelungen zu einer weiteren Vereinheitlichung der technischen Standards und über eine höhere Nutzerfreundlichkeit damit auch zu einer größeren Akzeptanz führen. Spannend bleibt die Frage, ob und wie die Verteilnetze die Last durch die Ladung von immer mehr Elektromobilen künftig bewältigen können. Ein Ladepunkt, der durch das Energiemanagementsystem wegen Netzengpässen in seiner Leistung reduziert werden muss, führt zu längeren Ladezeiten. Für die kommende Legislaturperiode sind mit Blick auf den Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung von 2019 und das bis 2030 avisierte Ziel von einer Million öffentlich zugänglicher Ladepunkte noch weitere Initiativen abzusehen. Laut Angaben der Bundesnetzagentur wurden in Deutschland Stand September 2021 etwas mehr als 47.000 Ladestationen gemeldet.