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Vergütungsstopp bei Negativbörsenpreisen betrifft keine kleinen Windkraftanlagen

§24 EEG: Kleinere Windkraftanlagen erhalten keinen Vergütungsstopp bei Negativbörsenpreisen (Foto: 123RF.com)
§24 EEG: Kleinere Windkraftanlagen erhalten keinen Vergütungsstopp bei Negativbörsenpreisen (Foto: 123RF.com)

Die “Sechs-Stunden-Regelung” des im Jahr 2014 novellierten Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) verunsichert Windparkbetreiber massiv: Nach Paragraf 24 entfällt ab 1. Januar 2016 die Förderung für neu errichtete Windräder, wenn der Strompreis am Spotmarkt an mindestens sechs aufeinander folgenden Stunden negativ ist. Das erschwert zweifellos den wirtschaftlichen Betrieb und die Finanzierung großer Windkraftanlagen. Experten haben jedoch Zweifel, ob sie auch auf Windparks anzuwenden ist, die aus mehreren kleinen Windturbinen mit jeweils weniger als drei Megawatt (MW) Leistung bestehen. Die Rechtsexperten des interdisziplinären Beratungsunternehmens Sterr-Kölln & Partner aus Freiburg sind dem nachgegangen und kommen zu dem Schluss, dass der Paragraf 24 keine Auswirkung auf die Vergütung kleinerer Windanlagen haben dürfte. Der Grund: Für die kleinen Anlagen gebe es eine Ausnahme – auch sei es nicht zulässig, sie zu einer die Drei-MW-Grenze überschreitenden Einheit zusammenzufassen.

Der Paragraf 24 des EEG soll verhindern, dass die Stromerzeugung zu negativen Preisen belohnt wird. Die Regelung gilt nicht für Anlagen, die noch 2015 in Betrieb genommen wurden und sie gilt nicht für “gänzlich neue Technologien”. “Für Unsicherheit sorgt jedoch der Passus, dass Windturbinen mit weniger als drei Megawatt von der Verringerung der Förderung ausgenommen werden, wobei jeweils die sogenannte Anlagenzusammenfassung nach Paragraf 32 EEG gelten soll”, sagt Franziska Benz von Sterr-Kölln & Partner. “Die Anlagenzusammenfassung hätte zur Folge, dass Kleinanlagen in Windparks als eine Einheit betrachtet werden würden. Die Konsequenz wäre: Doch keine Ausnahme für sie.”

Paragraf 32 Absatz 1 nennt vier nötige Voraussetzungen für die Zusammenfassung von Anlagen: die räumliche Nähe, die gleiche Energieform, die unterschiedliche Förderung je nach Leistungsfähigkeit der Anlage sowie die Inbetriebnahme innerhalb eines Jahres. “Die unterschiedliche Förderung je nach Leistungsfähigkeit der Anlage gibt es bei Windturbinen aber nicht”, erklärt Benz. “Ihre Vergütung ist unabhängig von ihrer Leistung. Ein-MW-Anlagen erhalten die gleiche Förderung pro Kilowattstunde eingespeisten Strom wie Vier-MW-Anlagen.” Bisher sind Betreiber und Juristen daher einhellig davon ausgegangen, dass es bei kleineren Windturbinen keine Zusammenfassung geben kann.

Mit der jüngsten EEG-Novelle sind jedoch Zweifel laut geworden. Durch die Absenkung der Förderung von großen Windturbinen sei eine Förderung in Abhängigkeit der Größe gegeben – und somit Paragraf 32 erfüllt. Doch nicht jede Änderung der Förderungshöhe führt zur Anwendung von Paragraf 32, so die Juristen von Sterr-Kölln & Partner. Drei Argumente sprechen für diese Einschätzung: Laut Paragraf 40 ff. erhalten Windturbinen eine fixe Vergütung je erzeugter Kilowattstunde, unabhängig von der Größe der Anlage. Zudem ist Paragraf 32 älter als Paragraf 24 und in den Gesetzesmaterialien zu seiner Einführung wurde explizit erwähnt, dass Windturbinen davon nicht erfasst werden. Und: Paragraf 32 soll die Teilung von weniger förderwürdigen Großanlagen bestimmter Energieformen in mehrere kleine, stärker förderwürdige Anlagen verhindern. Da der Gesetzgeber bei Windenergieanlagen alle Leistungsklassen für gleichermaßen förderwürdig erachtet, kann es aber “weniger förderwürdige” Windenergieanlagen gar nicht geben. Paragraf 32 Abs. 1 Nr. 3 ist somit nicht weiter auszulegen als vor der EEG-Reform.

Eine weitere Unklarheit: Ist Paragraf 32 Abs. 1 Nr. 3 zu ignorieren? Das Wort “entsprechend” in Paragraf 24 Abs. 3 Nr. 2 verweise doch darauf, dass Paragraf 32 nur in seinen Grundzügen gelte. Windturbinen könnten dann unabhängig von einer leistungsabhängigen Vergütung zusammengefasst werden. Auch aus dieser Argumentationskette folgt, dass die Vergütung der Windenergieanlagen bei negativen Strompreisen zu reduzieren sei.

Ein Verweis, dass ein anderer Paragraf “entsprechend” anzuwenden ist, führt jedoch rechtstechnisch lediglich dazu, dass dieser Paragraf auch in dem Fall für anwendbar erklärt wird, für welchen er nicht geschaffen wurde. So ist es auch bei Paragraf 32 Abs.1. Dieser gilt nach seinem Wortlaut nur für die “Ermittlung des Anspruches nach Paragraf 19”. Ein Verweis mit “entsprechend” führt jedoch nicht dazu, dass der Paragraf grundlegend abgeändert wird. Hätte der Gesetzgeber Paragraf 32 Abs. 1 Nr. 3 bei der Anlagenzusammenfassung außen vor lassen wollen, so hätte er dies mit einer Formulierung wie “mit Ausnahme von Nr. 3” deutlich gemacht. Dies ist aber nicht der Fall. Auch in der Gesetzesbegründung zu Paragraf 24 findet sich kein Anhaltspunkt für eine solche Auslegung.

Das Fazit der Kanzlei: Windenergieanlagen würden auch durch das neue EEG nicht abhängig von ihrer Leistung gefördert. Eine Zusammenfassung von mehreren kleinen Windturbinen mit weniger als drei MW installierter Leistung und die damit verbundene Streichung der Marktprämie bei negativen Strompreisen finde daher nicht statt. “Die Praxis wird letztendlich zeigen, ob sich die Betreiber auf die Ausnahme des Paragraf 24 Abs. 3 Nr. 2 berufen können”, so Franziska Benz von Sterr-Kölln & Partner. “Das aktuelle EEG stellt jedenfalls nicht von vorneherein ein Hindernis dafür dar.”

Weitere Informationen: www.sterr-koelln.com/news-downloads/gut-zu-wissen