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Flachdach als Energiefeld für Wärme und Strom

Sonnenhaus Karl

Seit dem 1. April ist das novellierte Marktanreizprogramm (MAP) seit einem Jahr in Kraft. Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erhalten Bauherren und Sanierer seit April 2015 sehr attraktive Zuschüsse für regenerative Heizungen aus dem Förderprogramm des Bundes. Das gilt auch für Solarwärmeheizungen und vor allem für große Solarkollektoranlagen auf weitgehend solar beheizten Häusern, so genannten Sonnenhäusern, auch im Neubau. Jörg Walter Karl, ehemaliger Inhaber der Zimmerei Karl, hat die Chance genutzt und ein Sonnenhaus mit 24 Quadratmeter Solarkollektoren gebaut. Damit können etwa 65 Prozent des Wärmebedarfs solar gedeckt werden. Wenn die Sonne scheint, freut er sich doppelt: “Weil sie einen wärmt und zusätzlich Energie für das Haus liefert”.

Seit Dezember 2015 leben Jörg Walter Karl und seine Frau in ihrem neuen Eigenheim im schwäbischen Kusterdingen. Für einen Zimmerermeister liegt es nahe, ein Holzhaus zu bauen und dies auch mit dem kurz zuvor weitergegebenen Betrieb zu realisieren. Das KfW-40-Haus mit 185 Quadratmeter Nutzfläche hat zirka 40 Zentimeter starke Außenwände. Sie bestehen aus Dämmständern (U*psi-Träger von Lignotrend), deren Zwischenräume lückenlos mit Zellulose ausgeblasen sind. Auf der Außenseite bilden Holzweichfaserplatten den Wandabschluss. “Wir haben überwiegend natürliche Materialien verwendet”, sagt Karl. So sind auch als Untergrund für die Fußbodenheizung Holzweichfaserplatten verlegt.

Auch beim Heizen sollte die Umweltbelastung so gering wie möglich sein. Deshalb fiel die Entscheidung auf eine Sonne-Holz-Heizung, die noch dazu sehr gut durch das BAFA gefördert wird. Geplant hat die Anlage der Rottenburger Systemanbieter Hartmann Energietechnik. Vier Großflächenkollektoren des österreichischen Herstellers Winkler Solar wurden im Winkel von 60 Grad und mit Ausrichtung nach Süden auf dem begrünten Flachdach aufgestellt.

Für die Nachheizung wurde ein Naturzugholzvergaserofen des bayerischen Herstellers Powall Energietechnik montiert. Er hat wasserseitig 18 Kilowatt und raumseitig zirka sechs Kilowatt Leistung. Er steht im Wohnzimmer, so können die Bewohner die angenehme Strahlungswärme genießen. Die Wärme von den Solarkollektoren und dem Ofen wird in einem Solarwärmespeicher des Schweizer Herstellers Jenni Energietechnik über Tage und Wochen bevorratet. Der Speicher hat ein Fassungsvermögen von 4.860 Litern. Er hat einen Durchmesser von 1,60 Meter, ist 2,55 Meter hoch und steht im Erdgeschoss. Darüber hinaus ist eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eingebaut. Sie sorgt für konstant frische Luftzufuhr und verringert die Wärmeverluste durch Fensterlüftung.

Bei der Stromversorgung nutzen die Bauherren ebenfalls die Vorzüge der Solarenergie und der verbliebenen freien Fläche des Flachdachs. Dort wurden Photovoltaikmodule mit einer Gesamtleistung von 3,72 Kilowattpeak installiert. Der größte Teil des Stroms kommt im Haus zum Einsatz, der Rest wird in das öffentliche Netz eingespeist. Durch die Ost-West-Ausrichtung der Module, die auf dem Flachdach möglich war, wird vor allem in den Morgen- und Abendstunden, wenn im Haushalt mehr elektrische Energie benötigt wird, Solarstrom erzeugt. Für den Strom, der in Zeiten ohne Sonne bezogen wird, bleiben nur niedrige Energiekosten.

Für die Heizungsanlage hat Karl einen Zuschuss beim BAFA beantragt. Der Zuschuss wird sich voraussichtlich auf rund 5.000 Euro belaufen. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert große Solarthermie-Anlagen, da sie dank fehlender CO2-Emissionen einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Zudem reduzieren sich für die Bewohner langfristig die Heizenergiekosten. Der ohnehin geringe Verbrauch an Stückholz kann aus Restholz der Zimmerei abgedeckt werden.

In der Investition sind große Solarwärmeanlagen teurer als konventionelle Heizsysteme. “Durch die aktuell niedrigen Zinsen in den KfW-Förder- und Kreditprogrammen, den hohen BAFA-Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss, und langfristig sehr niedrige Energiekosten durch die kostenfreie Solarenergie werden die Mehrkosten im Laufe der Zeit aber wieder erwirtschaftet”, sagt Thomas Hartmann, Geschäftsführer von Hartmann Energietechnik, der seit über 20 Jahren Solar- und Biomasseanlagen plant und die Komponenten dafür vertreibt.

Jörg-Walter Karl hätte sein Sonnenhaus aber auch ohne die finanzielle Unterstützung gebaut. “Ich bin ein Überzeugungstäter, ich finde es eine gute Sache”, sagt er. “Die Sonnenhaus-Heiztechnik ist eine gute und zukunftsträchtige Technologie, bei der kein Öl oder Gas benötigt wird. Und das bisschen Holz, das wir noch benötigen, können wir problemlos beschaffen.”

Die Firmen Hartmann Energietechnik, Winkler Solar, Jenni Energietechnik und Powall Energietechnik sind Gründungsmitglieder des Kompetenznetzwerks “Solarwärme für alle”. Das Netzwerk bietet die Planung und den Bau von Solarwärme- und Holzheizungen mit qualitativ hochwertigen Komponenten, die ebenfalls aus dem Kreise der Mitglieder stammen. Das Netzwerk berät auch über die BAFA-Förderung und unterstützt bei den Anträgen.

Weitere Informationen: www.solarwaerme-fuer-alle.com, www.bafa.de und www.sonnenhaus-institut.de/wp-content/uploads/solarfoerderung_beispiele.pdf