Ökostrom regional erzeugt und regional verkauft
Die Stadtwerke Wunsiedel und der Energieverbund Zukunftsenergie Fichtelgebirge haben im März ein neues Ökostromangebot mit dem Namen „FichtelgebirgsStrom“ gestartet. Verbraucher aus einem mehr als 70.000 Einwohner zählenden Gebiet können künftig regionalen Strom aus Photovoltaik, Biomasse und Windkraft beziehen. Der neue Stromtarif bringt Konsumenten und Produzenten von Ökostrom in der Region zusammen, denn auch private Stromerzeuger aus der oberfränkischen Gegend dürfen ihren regenerativen Strom künftig an das Projekt der Partner verkaufen. Das Besondere des Projekts: Die Direktvermarktung wird in einem regionalen Bilanzkreis durchgeführt – dieses Vorgehen erlaubt es, den vor Ort produzierten Strom den Verbrauchern vor Ort anzubieten. Experten des interdisziplinären Beratungsunternehmens Sterr-Kölln & Partner haben das Geschäftsmodell maßgeblich mitgestaltet.
Die Stadtwerke Wunsiedel und der Energieverbund Zukunftsenergie Fichtelgebirge verfügen über eine Vielzahl erneuerbarer Energieerzeugungsanlagen: Sieben Photovoltaikanlagen, drei Biogas-Heizkraftwerke und sechs Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt 17,6 Megawatt. Darüber hinaus gibt es viele weitere kleine Ökostromkraftwerke in der Region in privater Hand. Sie zu einem regionalen, virtuellen Kraftwerk zusammenzufassen und den erzeugten Strom über die Stadtwerke den Stromverbrauchern in den Landkreisen Wunsiedel, Hof und Kulmbach anzubieten, ist die Idee.
Mit dem neuen Modell bieten die Stadtwerke und der Verbund sowohl Stromverbrauchern als auch Stromerzeugern Sicherheit. Die Verbraucher zahlen nicht mehr als bei vergleichbaren Tarifen und kaufen klimafreundlichen Strom aus der Gegend anstelle von Strom aus unbekannter Herkunft. Das System ist transparent gestaltet: Unter www.fichtelgebirgsstrom.de wird gezeigt, wer den Strom produziert, wo die Anlagen stehen und wieviel Strom der Zusammenschluss bereits produziert hat.
Für die privaten Erzeuger lohnt sich das Angebot auch: Sie können über die angebotene Direktvermarktung von einem, im Vergleich zur Einspeisevergütung, leicht höheren Vergütungssatz profitieren. Außerdem wird eine Reihe von administrativen Aufgaben übernommen. Der Wechsel in die Direktvermarktung ist für die Erzeuger risikofrei; sie haben die Möglichkeit, monatlich dahin zu wechseln und auch wieder zur Einspeisevergütung zurückzukehren.
„Mit dem neuen Modell geben die Stadtwerke dem Strom aus der Region ein Gesicht und sammeln bei den Menschen in den drei Landkreisen Sympathiepunkte“, sagt Christian Schmidt von Sterr-Kölln & Partner aus Freiburg. „Sie können ihr Produktportfolio sinnvoll ergänzen, Kunden binden und sogar welche hinzugewinnen.“
Auch Region und Land profitieren: Das Projekt fördert die lokale Wertschöpfung und macht die Region unabhängiger von großen Energiekonzernen. Gleichzeitig können bei intelligenter Steuerung die Erzeugung und der Verbrauch in den Landkreisen weitestgehend in Einklang gebracht werden – so dass nur Überschüsse und Fehlmengen gehandelt werden müssen.
Das Projekt könnte künftig ein Modell für andere Stadtwerke und regionale Energieanbieter sein. „Es kombiniert die Direktvermarktung mit einem eigenen, regionalen Bilanzkreis“, erklärt Schmidt. „Das Vorgehen erlaubt unter den aktuellen gesetzlichen Bedingungen den höchsten Grad an Regionalität und schließt für interessierte Verbraucher die Angebotslücke, die durch den Wegfall des Grünstromprivilegs entstanden ist.“ Das Grünstromprivileg ermöglichte eine ähnliche Vermarktung von EEG-fähigem Strom, wurde aber 2014 abgeschafft.
Bei der regionalen Direktvermarktung wird der Strom aus erneuerbaren Energien mittels Markprämie gefördert und an Verbraucher verkauft, die sich in der gleichen Region wie die Erneuerbaren-Energien-Anlagen befinden, anstatt in den überregionalen, anonymen Börsenhandel eingestellt zu werden. Zur Umsetzung haben sich die beiden Partner mit dem Softwarehersteller und Energiedienstleister Lumenaza zusammengetan: Die Stadtwerke, der Energieverbund und die privaten Anlagenbetreiber veräußern den von ihnen erzeugten Ökostrom an Lumenaza. Das Unternehmen beliefert im Gegenzug den Regionalstromanbieter, der den Strom wiederrum an die Verbraucher verkauft. Dafür nutzen die Partner einen eigenen, regionalen Bilanzkreis. Die Software-Plattform von Lumenaza bündelt die Vielzahl dezentraler Anlagen zu einem regionalen virtuellen Kraftwerk. Der lokale Marktplatz soll künftig garantieren, dass der Ökostrom aus der Region kommt und dort verbraucht wird.
Berater von Sterr-Kölln & Partner haben die Entwicklung desRegionalstrom-Modells maßgeblich unterstützt: Die Grundlagen wie die Ausarbeitung des Konzepts, seine wirtschaftliche Machbarkeit und die Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen stammen von der Wirtschafts- und Rechtsanwaltskanzlei aus Südbaden. Für die Stadtwerke haben sie zudem geeignete Partner gesucht, die Vertragswerke gestaltet und auch das Marketingmaterial geprüft. Aktuelles Expertenwissen gibt es auf www.sterr-koelln.com/news-downloads/gut-zu-wissen.
Weitere Informationen: www.sterr-koelln.com