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Energie-Kommune Wiernsheim bringt lokale Wärmewende mit Erdwärme voran

Die Agentur für Erneuerbare Energien zeichnete kürzlich die baden-württembergische Gemeinde Wiernsheim als Energie-Kommune des Monats aus. “Wiernsheim zeigt eindrucksvoll, dass die Wärmewende vor Ort eine Chance ist, die Attraktivität von Wohnraum und Stadtbild zu erhöhen und gleichzeitig Klimaschutz zu betreiben”, begründet Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien, die Anerkennung. In der Gemeinde gilt das Motto: “Fördern statt Fordern”. Welche Hebelwirkung das hat, zeigt sich zum Beispiel an der Anzahl der in Wiernsheim installierten Wärmepumpen: Mehr als 190 Anlagen sind in Betrieb. Ihre installierte Heizleistung beträgt zusammen 1.900 Kilowatt. Unter der Verwendung von 1.200 Megawattstunden Strom liefern sie zusammen 4.000 Megawattstunden Wärme.

Schon seit den achtziger Jahren treten Verwaltung, Gemeinderat, Bürger und Gewerbetreibende in dem 6.500-Einwohner-Ort im Enzkreis für kommunalen Klimaschutz ein. So erhalten Wiernsheimer für Maßnahmen der energetischen Sanierung und den Wechsel auf klimafreundlichere Heizungsanlagen Fördergelder von der Gemeinde – ein wichtiger Faktor für die beeindruckende Anzahl an installierten Wärmepumpen. Noch bevor der Staat begann, ab 2008 im Rahmen des Marktanreizprogrammes (MAP) Wärmepumpen zu fördern, konnten Wiernsheimer eine finanzielle Unterstützung von der Gemeinde beziehen. Diese betrug bis zur Einführung des Fördertatbestandes im MAP bis zu 5.000 Euro und liegt im Jahr 2015 nun bei bis zu 3.000 Euro. Bürgermeister Karlheinz Oehler, der der Gemeinde seit über 30 Jahren vorsteht, beschreibt die lokale Energiewende wie folgt: “Was die Bürger freiwillig machen, ist immer besser als das, was wir ihnen vorschreiben wollen. Die Menschen hier sind stolz auf die bisherigen Erfolge. Besonders auch, weil die Maßnahmen nicht verordnet waren.”

Ausgangspunkt für erfolgreiche Projekte in Wiernsheim war und ist das Ziel, den Energieverbrauch hiesiger Gebäude zu minimieren. Wie das gelingt, zeigt das 2013 fertiggestellte Bildungszentrum, ein Passivhaus, in dem neben Kindergarten und Kindertagesstätte auch die Mensa der Grundschule und das Archiv der Gemeinde untergebracht sind. Den Energiebedarf deckt ein Solar-Eisspeicher in Verbindung mit einer Gas-Absorptionswärmepumpe. Der Eisspeicher ist eine mit 100 Kubikmetern Wasser gefüllte Betonzisterne. Das darin enthaltene Wasser dient als Wärmequelle für eine Wärmepumpe und erstarrt, sobald seine Temperatur auf den Gefrierpunkt sinkt. Bei dem Kristallisationsprozess – dem Übergang vom Aggregatzustand flüssig zu fest – wird zusätzliche Energie frei, die ebenfalls genutzt wird. Das Wärmereservoir wird über Solarenergie und Erdwärme kontinuierlich wieder aufgefüllt.

Bei der Fertigstellung 2009 war der Kindergarten im Ortsteil Serres der bundesweit erste Plus-Energie-Kindergarten. Er erzeugt mehr Energie als er benötigt. Das Energiekonzept basiert auf einer Erdwärmepumpe, einer Photovoltaikanlage, die auch bei diffusem Licht Energie produziert, sowie der kontrollierten Gebäude-Be- und Entlüftung, wobei die Außenluft über einen horizontalen Erdwärmetauscher vorgewärmt wird.

“Der Gemeinderat und unsere Verwaltung sind sich ihrer Verantwortung und ihrer Vorbildfunktion bewusst”, erklärt Bürgermeister Oehler. Steht in Wiernsheim der (Um-)Bau eines kommunalen Gebäudes an, ist Passivhausbauweise Standard. Weiterhin kommen Heizungsanlagen auf Basis regenerativer Energien zum Einsatz. Dabei besteht stets der Anspruch, Erfahrungen mit unterschiedlichen Technologien zu sammeln. “Unsere Erfahrungen mit energetischer Sanierung und regenerativen Heizungsanlagen teilen wir mit allen Wiernsheimern”, so Oehler. “Denn es sind die Bürger, welche den Großteil der Wärmewende umsetzen werden.”

Derzeit steht der Neubau eines Kindergartens im Ortsteil Iptingen an. Geplant ist ein Passivhaus, das nur aus wiederverwendbaren Baumaterialien besteht. Die Energieversorgung soll vor allem auf Solarenergie basieren. Die Planung für einen Anbau des Rathauses im Ortskern sieht eine Gasbrennwerttherme auf Basis von Biogas vor.

Im Jahr 2006 hat die Gemeinde ein Energieleitbild formuliert, das die bis dahin bereits praktizierten Grundsätze der kommunalen Energiepolitik enthält und das stetig fortgeschrieben wird. Es formuliert das Ziel, bis zum Jahr 2020 die Kohlendioxydemission im Energiebereich je Einwohner um 15 Prozent zu reduzieren. Dafür soll die kommunale Energiepolitik nachhaltig sein, Vorbildfunktion haben, die lokale Wertschöpfung stärken, Energieeffizienzmaßnahmen im Rahmen von Ortskernsanierungen fördern, den Einsatz erneuerbarer Energien bezuschussen, den Individualverkehr reduzieren und Beratungsangebote für die Bürger schaffen. Bürgermeister Oehler ist überzeugt: “Die Energiewende ist nicht mit einem großen einmaligen Sprung zu schaffen, sondern sie erfordert Ausdauer und viele kleine Schritte. Sie ist ein Prozess, bei dem wir alle mitnehmen müssen.”

Weitere Informationen: www.unendlich-viel-energie.de