News

Höchste Wohngesundheit und minimale Energiekosten im Strohballen-Sonnenhaus

Mit 30 Quadratmetern Solarkollektoren kann die Familie über 60 Prozent ihres Wärmebedarfs solar decken. Mit einem Winkel von 60 Grad sind sie für die Wintersonne optimiert. Foto: Sonnenhaus-Institut / Petra Höglmeier
Mit 30 Quadratmetern Solarkollektoren kann die Familie über 60 Prozent ihres Wärmebedarfs solar decken. Mit einem Winkel von 60 Grad sind sie für die Wintersonne optimiert. Foto: Sonnenhaus-Institut / Petra Höglmeier

Am Chiemsee haben sich Anna und Nicolas Louchet ihr Traumhaus gebaut: ein Strohballenhaus aus natürlichen, baubiologisch einwandfreien Materialien. Auch beim Heizen war ihnen die Ökologie wichtig: Mit einer großen Solarwärmeanlage können sie über 60 Prozent ihres Wärmebedarfs solar decken. Zum Nachheizen im Winter haben sie im ersten Jahr nur einen Raummeter Holz verbraucht.

Durch ihre Reisen durch die ganze Welt wussten Anna und Nicolas Louchet schon lange vor ihrem Hausbau, wie ihr künftiges Eigenheim einmal aussehen sollte. Es sollten so wenig industrielle Materialien wie möglich zum Einsatz kommen, stattdessen wollten sie mit natürlichen Materialien bauen – so wie sie es in vielen Ländern gesehen hatten. Viel Holz, Stroh und Lehm aus der Region sollten es sein. Aus seiner Heimat Frankreich kannte Nicolas Louchet Strohballenhäuser. Das sind in Holzständerbauweise errichtete Gebäude, bei denen die Holzrahmen mit Stroh als Dämmmaterial gefüllt sind. Darauf fiel ihre Entscheidung. Und auch bei der Energieversorgung wollten sie konsequent ökologisch handeln. Deshalb haben sie das Sonnenhaus-Heizkonzept in ihr Eigenheim integrieren lassen. Mit einer großen Solarthermie-Anlage können sie zwischen 60 und 70 Prozent ihres jährlichen Wärmebedarfs solar decken, in der kalten Jahreszeit heizt ein Stückholzkessel zu. Seit dem Sommer 2015 genießen sie mit ihren beiden Kindern den hohen Wohnkomfort bei extrem niedrigen Energiekosten in ihrem Strohballen-Sonnenhaus am Chiemsee.

Bei einem Sonnenhaus nach dem Konzept des Sonnenhaus-Instituts e.V. werden mindestens 50 Prozent des Wärmebedarfs solar gedeckt. Dafür können Solarthermie-Anlagen genutzt werden, aber auch Photovoltaikanlagen in Kombination mit einer solarstromgeregelten Wärmepumpe sind möglich. Anna und Nicolas Louchet haben sich für eine Solarwärmeanlage entschieden, unter anderem wegen des hohen Wirkungsgrads von Solarkollektoren: Sie wandeln Strahlungsenergie der Sonne direkt in nutzbare Wärme um. Die Heiztechnik wurde von der Firma Schuster Gebäudetechnik im bayerischen Büchlberg geplant und installiert. Der Inhaber Andreas Schuster ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des Sonnenhaus-Instituts, das seit seiner Gründung im Jahr 2004 das Sonnenhaus-Konzept weiterentwickelt und verbreitet.

Auf der Südseite des Daches sind auf einer 60 Grad steilen Teilfläche 30 Quadratmeter Solarkollektoren installiert. Die aufgeständerte Fläche ist steiler als die restliche Dachfläche, da die Kollektoren nach der Wintersonne ausgerichtet sind.

Die tief stehende Wintersonne trifft fast senkrecht auf die Kollektoren und erzeugt so deutlich mehr Wärme, als es bei einer flacheren Ausrichtung der Fall wäre. So können hier über 60 Prozent des Wärmebedarfs mit den Solarkollektoren gedeckt werden.

Die Wärme für 186 Quadratmeter beheizte Fläche wird in einem Speicher mit vier Kubikmeter Fassungsvermögen zwischengespeichert. Mit einem Durchmesser von etwa eineinhalb Metern einschließlich 25 Zentimeter Dämmung ist er sehr platzsparend. Der zentral platzierte, mit Lehm verputzte Speicher ist auch ein Hingucker im Eingangsbereich. Um ihn herum schlängelt sich die Treppe in das Obergeschoss.

Für die restliche Heizenergie sorgt ein Naturzug-Holzvergaserheizkessel im Wohnzimmer. Die Wärme des wasserführenden Holzofens wird zu einem Teil in den Raum abgegeben, zum größeren Teil aber für die spätere Nutzung gespeichert. Über eine sanft temperierte Wandflächenheizung wird sie im Haus verteilt. An Weihnachten 2015 hatte der Solarwärmespeicher durch die viele Wintersonne noch über 85 Grad Celsius. Insgesamt brauchte die Familie nur rund ein Raummeter Holz zum Nachheizen in dem ersten Jahr, in dem sie ihrem Eigenheim lebte.

Bei dem Entwurf des Strohballenhauses hat die österreichische Firma Spreitzer Planung notwendige Kriterien von Sonnenhäusern gleich berücksichtigt. So sollte ein weitgehend solar beheiztes Sonnenhaus möglichst optimal nach Süden ausgerichtet sein, damit die Solarenergie gut genutzt werden kann. Für die passive Nutzung der Sonnenenergie werden auf der Südseite große Fenster- und Türöffnungen integriert. Mit einer guten Dämmung wird der Heizenergiebedarf minimiert. Diese Funktion erfüllen bei dem Strohballenhaus in Prien die mit Stroh befüllten Holzständer.

Strohballenhäuser sind in Deutschland noch weitgehend unbekannt. Nach Schätzung des Fachverbandes Strohballenbau Deutschland (FASBA) gibt es nur zwischen 400 und 500 solcher Häuser hierzulande. Für Strohballenhäuser gibt es zwei Bauweisen: die lasttragende Bauweise, bei der die Strohballen eine statische Funktion übernehmen, sowie die Holzständer- beziehungsweise Holzrahmenkonstruktion mit Strohballen als Dämmmaterial. Für erstere gibt es in Deutschland keine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung. Es muss eine Zulassung im Einzelfall beantragt werden, bei der auch die Statik nachgewiesen werden muss. Als ausfüllendes Dammmaterial bei der Holzständerbauweise sind Strohballen allerdings zugelassen. Deshalb machen sie den Großteil der Strohballenhäuser aus. Anna und Nicolas Louchet haben sich ebenfalls für diese Bauart entschieden.

Weitere Informationen: www.sonnenhaus-institut.de, www.fasba.de, www.schustergebaeudetechnik.de und www.spreitzer-planung.at