ArtikelHeizung/Warmwasser

Remeha: Netzumstellung zum Heizen mit Wasserstoff in Aussicht?

Autor/Redakteur: Peter Kiewardt, Leiter regenerative Systeme bei der Remeha GmbH/gg

Ist es möglich, statt Erdgas Wasserstoff zum Heizen zu verwenden? Derzeit werden so genannte Wasserstoffbrennwertkessel erprobt, die einen reinen Wasserstoffbetrieb ermöglichen und komplett auf Erdgas verzichten können. Die momentan in Betrieb befindlichen Erdgasbrennwertgeräte sind zwar dazu in der Lage, einen gewissen Anteil Wasserstoff zu verarbeiten, der dem Erdgas beigemischt wird, um die Geräte hundertprozentig auf Wasserstoff umzustellen, ist es aber erforderlich, die Verbrennungstechnik anzupassen.

Noch Zukunftsmusik: Wasserstoff wird zum Beispiel per Lkw angeliefert und in einem Tank gespeichert. Von dort aus wird er über eine umgestellte Erdgasleitung an die Haushalte verteilt, die auf Wasserstoff umgestellt sind. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen (Verfügbarkeit, Menge) werden hier aber voraussichtlich keine großen Lösungen im Sinne der Verbraucheranzahl möglich sein. Vielmehr wird es Insellösungen geben. (Quelle: Remeha GmbH, Emsdetten)

Wasserstoff (H2) hat beispielsweise einen anderen Brennwert als Erdgas, eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit und eine höhere Flammentemperatur (zirka 2.130 Grad bei H2 und 1.960 Grad bei Erdgas). Der Heizwert von Wasserstoff hingegen ist wesentlich geringer als der von Erdgas (drei kWh/m3 zu zehn kWh/m3).

Aus der Forschung

Seit Mitte 2019 testet die BDR Thermea Gruppe, Konzernmutter des Heizungsherstellers Remeha, im niederländischen Rozenburg nahe Rotterdam die weltweit ersten wasserstoffbetriebenen Brennwertkessel unter realen Bedingungen. Der Wärmeerzeuger wurde im konzerneigenen Kompetenzzentrum für Forschung und Entwicklung in Italien entwickelt. Heute ist er in Pilotprojekten in den Niederlanden, England, Frankreich und auch in Deutschland im Einsatz. Es gibt die 100 Prozent Wasserstoffbrennwertkessel in zwei Leistungsgrößen. Sie haben eine Leistung von 24 beziehungsweise 45 kW und sie verbrennen reinen Wasserstoff. Seit 2022 gibt es auch in Deutschland zwei Feldtestanlagen. Ein Projekt befindet sich in Holzwickede. Hier arbeiten vier 24 kW Wasserstoffbrennwertkessel und liefern die Grundlast für die Gebäude von drei Gewerbebetrieben. In Linnich befindet sich das zweite Projekt, bei dem zwei Wasserstoffbrennwertkessel Betriebsgebäude der Gelsenwasser AG zu 100 Prozent mit Wärme versorgen.

Das Ziel

Ziel ist, eine breite Basis für Heizungs- und Warmwasserlösungen in Kombination mit Wasserstoff zu finden – ob als alleiniger Wärmeerzeuger oder auch als Spitzenlastkessel in Kombination mit zum Beispiel einer Wärmepumpe. Unter Einsatz von Wasserstoff im Wärmesektor wäre nach Einschätzung von Remeha auch die Heizungssanierung schneller umsetzbar. Denn die Wärmeverteilung eines Bestandsgebäudes muss nicht zwingend an den Wärmeerzeuger angepasst werden.

Blick auf die Kosten

Wenn man sich die Anschaffungskosten für den Betreiber anschaut, so bewegen sie sich im vergleichbaren Rahmen wie bei der Sanierung mit einem Erdgasbrennwertkessel. Auch die Wartungskosten werden sich auf ähnlicher Höhe bewegen. Aktuell ist die Wärme aus Wasserstoff allerdings teurer als Erdgas. Heute lässt sich der Preis für Wasserstoff kaum abschätzen, da es noch keinen entsprechenden Markt gibt, insbesondere keinen für den Wärmemarkt. Mit dem Hochlauf der Wasserstoffproduktion wird sich das nach Experteneinschätzung in Zukunft aber nahezu egalisieren.

Wie der Stoff ins Haus kommt

Wasserstoff ist das kleinste Molekül. Macht ihn diese Eigenschaft für den Transport problematisch, weil er entweichen könnte, selbst durch Metalle? Jein. In Molekülform kann gasförmiger Wasserstoff bei normalen Umgebungstemperaturen nicht einfach in Metalle eindringen. In der molekularen Form sind die Atompaare dafür zu eng miteinander verbunden. Das Ziel: Durch umgestellte Erdgasleitungen wird „grüner“ Wasserstoff („grün“ = gewonnen mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien) zum Verbraucher transportiert. Zu Beginn werden wir wohl zunächst Insellösungen sehen. Also einzelne kleinere Erdgas-Verteilnetze, die auf 100 Prozent Wasserstoff umgestellt werden und an die eine gewisse Anzahl von Verbrauchern angeschlossen ist. Aber bis dahin wird es noch einige Zeit dauern.