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Neue Studie: Wärmenetze mit Sonnenenergie speisen

Deutschlands größte Anlage zur solaren Nahwärme steht in Crailsheim (Foto/Grafik: Solites)
Deutschlands größte Anlage zur solaren Nahwärme steht in Crailsheim (Foto/Grafik: Solites)

Nah- und Fernwärmenetze liefern vielfach günstige Energie für Dörfer, Städte und Industriegebiete. In Baden-Württemberg könnten sie bis zu einem Anteil von 15 Prozent mit Sonnenenergie versorgt und damit noch umweltfreundlicher werden, hat eine im Juli erschienene Studie ergeben. Um den Anteil der solarthermischen Wärme zu steigern, müssten jedoch bei Kommunen und Stadtwerken die Bekanntheit und das Wissen um die Technik verbessert werden, so die Autoren der Untersuchung. Das Vertrauen in die Wärmeerzeugungstechnologie solle zudem mit weiteren Projekten gestärkt werden.

Erstellt wurde die knapp 200 Seiten umfassende Studie im Rahmen des Projekts „SolnetBW“. An dem Projekt beteiligt sind das Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (Solites) als Koordinator, die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg, das Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart (IER), das Hamburg Institut Research (HIR) und der AGFW Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK. Die Studie findet sich unter www.solnetbw.de.

Das Projekt SolnetBW wird vom Umweltministerium Baden-Württemberg im Rahmen des Forschungsprogramms BWPLUS finanziell unterstützt. In einem weiteren Schritt sollen nun mögliche Standorte mit besonders erfolgversprechenden Rahmenbedingungen gefunden und weitere Informations- und Beratungsaktivitäten zur Marktentwicklung erarbeitet werden. Das Projekt läuft noch bis Ende April 2016. Konkretes Ziel ist die Initiierung von Neuanlagen in Baden-Württemberg mit einer Leistung von 35 Megawatt thermischer Leistung (MWth) – das entspricht 50.000 Quadratmetern Kollektorfläche, umgerechnet so groß wie sieben Fußballfelder.

In den vergangenen Jahren interessieren sich Stadtwerke und Fernwärmeversorger, aber auch Kommunen, die Wohnbaubranche und lokale Energieinitiativen für den kommerziellen Einsatz solar unterstützter Wärmenetze. Eine Vorreiterrolle hat Baden-Württemberg übernommen. Im sonnenreichen Südwesten stehen vier von elf deutschen Pilotanlagen zur solaren Nahwärme mit saisonaler Wärmespeicherung. Deutschlands größte Anlage mit einer Kollektorfläche von 7.300 Quadratmetern wird von den Stadtwerken Crailsheim betrieben. Weitere Großanlagen gibt es in Friedrichshafen, Neckarsulm und Eggenstein-Leopoldshafen.

Solare Wärmenetze beruhen auf der Einbindung solarthermischer Großanlagen in Nah- und Fernwärmenetze. Die Größe des Kollektorfeldes bemisst sich nach dem solaren Deckungsgrad am Gesamtwärmebedarf. Ein Anteil von 15 bis 20 Prozent etwa bedeutet, dass die Solaranlage den Sommerbetrieb praktisch alleine abdeckt. Bei beispielsweise 10.000 MWh Jahresbedarf ist dafür ein Solarfeld mit 4.000 bis 5.000 Quadratmetern Kollektorfläche notwendig. Höhere Deckungsgrade erfordern größere Speicher bis hin zur saisonalen Speicherung. Dann sind Deckungsgrade von 50 Prozent möglich. Die Kollektorfelder werden am kostengünstigsten auf Freiflächen installiert, möglich ist auch die Integration in große Dächer. Es kommen Flachkollektoren oder Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz. Zahlreiche Großanlagen bis maximal 50 MWth sind inzwischen vor allem in Dänemark in Wärmenetze integriert. Größere Anlagen gibt es aber auch in Schweden und Österreich.

Für eine Einspeisung der Sonne in Wärmenetze spricht vieles: Eine solche Art der Wärmeversorgung ist besonders umweltfreundlich, verringert die Ressourcenabhängigkeit und erhöht die lokale Wertschöpfung. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist hoch, die Anlagen können einfach betrieben werden und Energiepreisschwankungen sind ausgeschlossen. Gut kalkulierbar und kostengünstig ist die thermische Solarnutzung auch: Da die Betriebskosten naturgemäß eine untergeordnete Rolle spielen, stellen nur die Kapitalkosten einen wesentlichen Anteil an den Wärmegestehungskosten dar. Dies führt zu einer langfristigen Kalkulierbarkeit, Planungssicherheit und Stabilität der finanziellen Aufwendungen.

Die Autoren der SolnetBW-Studie haben anhand der bestehenden Anlagen in günstigen Fällen Wärmegestehungskosten von drei bis fünf Cent pro Kilowattstunde ermittelt. Damit ist die Solarthermie in zahlreichen Anwendungen eine wirtschaftlich konkurrenzfähige Erzeugungsoption. Beispielrechnungen zeigen sogar, dass solarthermische Großanlagen kostenneutral mit Biomasse-Heizwerken kombiniert werden können. Bedingung ist jedoch eine Größe über einem Megawatt thermische Leistung, eine einfache Anlagentechnik, solare Deckungsanteile an der Gesamt-Wärmeerzeugung bis 20 Prozent sowie niedrige Netztemperaturen.

Dennoch verhindern verschiedene Vorbehalte den Ausbau solarer Nahwärme. Zu den Hemmnissen gehören lückenhafte Kenntnisse und mangelndes Vertrauen in die solare Wärmeerzeugung seitens der Wärmeversorger sowie die zu gering erscheinende Verfügbarkeit geeigneter Flächen. Auch technische Hemmnisse für eine Realisierung werden oft als Grund angegeben, obwohl sie nur selten bestehen. Diese Wissensdefizite abzubauen, hat sich SolnetBW zur Aufgabe gemacht.

Weitere Informationen: www.kea-bw.de