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mobile hydro – Münchner Initiative entwickelt low-cost Kleinstwasserkraftwerk zur Stromerzeugung in Entwicklungs- und Schwellenländern

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Was als Kunstprojekt des Münchner Künstlers Markus Heinsdorff begann und zwischenzeitlich mit dem empowering people Award der Siemens Stiftung und anderen Umweltpreisen ausgezeichnet wurde, nimmt nun immer konkretere Formen an: Aus dem Kunstobjekt “Rotor” hat ein interdisziplinäres Team aus Künstler und Ingenieuren inzwischen ein mobiles Kleinst-Wasserkraftwerk weiter entwickelt, das mit einfachsten Mitteln die Möglichkeit bietet, in Regionen ohne Zugang zu Elektrizität per Wasserkraft Strom zu erzeugen. Nun sucht das Projekt nach weiteren Unterstützern und Förderern.

Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) haben etwa 1,3 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu Elektrizität. Die Versorgung mit elektrischem Strom spielt jedoch eine wesentliche Rolle bei der Verbesserung der Lebensbedingungen und der wirtschaftlichen Entwicklung in Entwicklungs- und Schwellenländern. In vielen entlegenen Gebieten der Erde besteht sehr konkreter Energiebedarf, beispielsweise für Beleuchtung, die Versorgung von kleineren Verbrauchern wie Kühlschränken und Wasser-Pumpen oder das Laden von Mobiltelefonen. Doch die weit verbreiteten Dieselgeneratoren sind als dezentrale Energieversorger nicht nur teuer in der Anschaffung und im Betrieb, sondern verschmutzen mit ihren Abgasen die Umwelt.

Umweltfreundliche Energieformen wie Wasserkraft könnten die Versorgungsarmut lindern, leben doch etwa 300 Millionen Menschen ohne Stromversorgung in der Nähe von Flüssen und Bächen. Doch bisherige Lösungen zur Gewinnung von Strom aus Wasserkraft sind deutlich teurer, komplexer und oft sehr standortspezifisch.

Der international arbeitende Münchner Installationskünstler Markus Heinsdorff, der seit Jahren die Themenbereiche Natur und Umwelt, Architektur und Bauen, Design und Gestaltung in seine Arbeiten einbezieht, hat sich bereits früh mit Ideen für low-cost Bauten auseinandergesetzt und neben Raumprojekten und Arbeiten mit Licht oder Wind auch zahlreiche Installationen und Objekte zum Element Wasser entwickelt. Im Rahmen einer Kunst- und Wissenschafts-Kooperation mit dem Hydromechanik-Labor der TU München entstand im Jahr 2011 das Objekt Rotor als Kunstprojekt mit ernsthaftem Hintergrund: Ziel war es, lokaler Versorgungsarmut in Entwicklungs- und Schwellenländern entgegenzuwirken. Das Projekt entwickelte eine Eigendynamik und steht nun nach drei Prototypengenerationen als mobiles low-cost Kleinst-Wasserkraftwerk kurz vor seiner Marktreife. Die Serienproduktion soll im zweiten Halbjahr 2015 beginnen.

Initialzündung des Projekts Rotor war die Auszeichnung mit dem renommierten empowering people Award der Siemens Stiftung im Jahr 2013. Man ermutigte das Team, das Projekt Rotor weiterzuentwickeln. So gründete das interdisziplinäre Team aus Künstler und Ingenieuren in Nairobi die Initiative mobile hydro mit dem Ziel, mit Rotor eine umweltfreundliche Alternative zu Dieselgeneratoren zu schaffen, die eine nachhaltige Energieversorgung von netzfernen oder unterversorgten Gebieten ermöglicht.

Zum Team gehören neben Markus Heinsdorff Andreas Zeiselmair (Umweltingenieur), Chris Helf (Wirtschaftsgeograph) und Johannes Deckert (Maschinenbauingenieur).

“Unsere Preisträger veranschaulichen eindrucksvoll, wie einfache technische Lösungen die Lebensbedingungen dramatisch hin zum Besseren verändern. Sie schaffen Chancen für kleine Unternehmen, neue Verdienstmöglichkeiten und Verbesserungen im täglichen Leben”, erklärte Rolf Huber, Geschäftsführer der Siemens Stiftung, in seiner Laudatio. “Daher unterstützen wir die weitere Entwicklung dieser ausgewählten technischen Lösungen, und wir hoffen, dass Partner aus der ganzen Welt sich dieser Initiative anschließen.”

Partner sind heute neben der Siemens Stiftung auch die Social Entrepreneurship Akademie, die gemeinnützige Studentenorganisation enactus sowie der Center for Innovation and Business Creation der TU München.

Gefördert wird das Projekt derzeit von Climate-KIC, ein Programm der 2010 vom European Institute of Innovation and Technology (EIT) gegründeten Knowledge and Innovation Communities (KIC). Ziel von Climate-KIC ist es, europäische Innovationsforschung zur Minderung des Klimawandels voranzutreiben und diese zügig umzusetzen.

Der Rotor besteht aus einem großen Traktorenreifenschlauch als Schwimmer, einem Rahmen aus Bandeisen und einer Achse aus Stahlrohr, um die ein Rotor mit drei senkrechten Antriebsflügeln aus dünnem Metallblech oder Holz rotiert. Der Rotor wird am Ufer fixiert. Durch die Wasserströmung dreht sich das Rad mit den drei Flügeln wie eine Turbine, ein einfacher Stromgenerator erzeugt daraus bis zu 300 W. Der Rotor mit einem Durchmesser von 1,25 Meter und einer Höhe von etwa einem Meter basiert auf low-cost Technologie und kann auf einfachste Weise hergestellt werden. Die benötigten Materialien sind weltweit verfüg- und auch austauschbar.

Fließendes Wasser kann so auf einfache Art und Weise zur umweltfreundlichen Energieerzeugung genutzt werden. Im Vergleich zu kleinen PV-Zellen oder Windenergieanlagen, die in Anschaffung und Betrieb auch teurer sind, erzeugt der Rotor Tag und Nacht laufend Strom. Ein großer Batteriespeicher ist deshalb nicht nötig. Seit 2011 wurde bereits die dritte Generationen des Rotors entwickelt und erfolgreich in Langzeittests in Deutschland und Bangladesch getestet, eine weitere Pilotinstallation in Kolumbien ist in Vorbereitung.

In Kooperation mit Prof. Herzog vom Lehrstuhl für Energiewandlungstechnik an der TU München wird das Elektronik-Konzept weiter optimiert. Aktuell beginnt zudem eine Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Wasserbau der Universität Innsbruck, Prof. Aufleger.

Ziel des Projekts ist die praktische Hilfe zur Selbsthilfe. Ein besonderes Augenmerk legen die Initiatoren auf die Möglichkeit, den etwa 40 Kilogramm schweren Rotor überall und mit wenig Aufwand installieren und reparieren zu können. Dank der einfachen Konstruktion vor Ort und den low-cost Materialien soll der Preis für eine Anlage später deutlich unter 1000 US-Dollar liegen. Der Vertrieb und Einsatz der Rotoren kann auch lokalen Unternehmen vor Ort Verdienstchancen und Arbeitsplätze bieten.

Das Projekt sucht nach wie vor Partner und Förderer für die weitere Entwicklung und den weltweiten Einsatz des Rotors. Für Sommer 2015 ist zudem eine Crowdfunding Kampagne geplant.

Weitere Informationen: www.mobilehydro.com