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Interview zum Thema „Energiepolitik der großen Koalition“ mit Ulrich Mamat, Regional Sales Director Northern Europe bei Trina Solar

Wir haben ein Interview mit Ulrich Mamat, Regional Sales Director Northern Europe bei Trina Solar, zum Thema „Energiepolitik der großen Koalition“ geführt.

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DeinEnergieportal: „Die neue Bundesregierung scheint einen Kurswechsel bei der Energiepolitik zu planen. Zumindest geben die letzten Vorschläge des Energie- beziehungsweise Wirtschaftsministers Gabriel einen Hinweis in diese Richtung. Welche konkreten Entwicklungen erwarten Sie für die nächsten Monate?“

Mamat: „Die Solarenergie ist in den vergangenen Jahren zunehmend kosteneffizienter geworden und ist inzwischen wettbewerbsfähig. Diese Tatsache wird in der öffentlichen Diskussion allerdings oft außer Acht gelassen. Stattdessen werden die steigenden Strompreise vorwiegend den erneuerbaren Energien zugeschrieben. Das Eckpunktepapier von Minister Gabriel zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) spiegelt den Stand der Diskussion wider, die fast ausschließlich um den Kostenaspekt kreist. In der Konsequenz wird dann eine Begrenzung des Ausbaus der erneuerbaren Energien empfohlen. Das aber hätte – zumindest aus meiner Sicht – fatale Konsequenzen für Deutschland: für eine sichere und zuverlässige Energieversorgung auch in der Zukunft, und auch für die Wirtschaft des Landes. Denn wir sollten nicht vergessen, dass eine wachsende Zahl an Unternehmen bereits erneuerbare Energien nutzt, um den eigenen Energiebedarf zu decken. Wenn das EEG in der jetzt geplanten Form in Kraft treten sollte, besteht die Gefahr, dass das Potenzial der erneuerbaren Energien für eine kosteneffiziente, unabhängige und sichere Energieversorgung mit niedrigen Lebenszyklus-Kosten in Zukunft brachliegen wird.“

„In jedem Fall erwarte ich, dass das Eckpunktepapier von Minister Gabriel in der Solarbranche viel Unsicherheit auslösen wird“, so Mamat weiter. „Einen weiteren kritischen Punkt sehe ich in dem Plan der Bundesregierung, eine EEG-Umlage auf den solaren Eigenverbrauch zu erheben – während die industrielle Eigennutzung von Kohle- oder Atomstrom von der Umlage befreit sein soll. Eine solche Form der ‚Strafsteuer‘ würde die Attraktivität der Photovoltaik erheblich schmälern und ihren großen Vorteil, eine dezentrale und unabhängige Energieversorgung, unterminieren. Gleichzeitig hat die Bundesregierung aber erst im vergangenen Jahr ein millionenschweres Förderprogramm für Speichertechnologien aufgelegt, das den Eigenverbrauch an erneuerbaren Energien unterstützen sollte. Hier sehe ich also tatsächlich einen Politikwechsel.“

DeinEnergieportal: „Welche Auswirkungen werden diese Entwicklungen auf Ihr Geschäft vermutlich haben?“

Mamat: „Ich möchte an diesem Punkt der politischen Entscheidungsfindung nicht vorgreifen, da das neue EEG noch nicht verabschiedet ist. Deutschland hat aber als Pionier der Branche die Entwicklung der Photovoltaik maßgeblich vorangetrieben, deshalb bin ich überzeugt, dass sie auch zukünftig eine wichtige Rolle im Energiemix spielen wird. Der deutsche Markt ist bekannt dafür, Qualitätsprodukte und nachhaltige Geschäftsmodelle hoch zu bewerten, deshalb sehen wir Trina Solar als sehr gut positioniert für die Stärkung und den Ausbau unseres Geschäfts. Unsere Produkte erfüllen die Branchenstandards und übertreffen sie sogar in vielen Fällen; zudem hat Trina Solar für seine Umwelt- und Sozialstandards inzwischen zum zweiten Mal den ersten Platz im weltweiten Scorecard-Ranking der Silicon Valley Toxics Coalition (SVTC) erzielt.“

DeinEnergieportal: „Welches Vorgehen für die Zukunft halten Sie persönlich für am sinnvollsten?“

Mamat: „Aus meiner Sicht sollten die politischen Entscheidungsträger vor allem die Grundlage für einen planvollen und dezentralen Ausbau der erneuerbaren Energien schaffen – und dabei sinnvolle Marktimpulse, wie den wachsenden Eigenverbrauch an Solarstrom, stärken und nicht unterdrücken. Die Subventionen für die Solarenergie sind über die vergangenen Monate und Jahre bereits erheblich gekürzt worden. Um hier eine Optimierung herbeizuführen und den Eigenverbrauch an Solarenergie zu unterstützen, sollte mehr in die Entwicklung von Speichertechnologien investiert werden. In jedem Fall erwarten die Marktteilnehmer nun eine auf Langfristigkeit ausgerichtete Strategie, die Sicherheit und Verlässlichkeit für Investoren und alle anderen Marktteilnehmer schafft.“

DeinEnergieportal: „Welche Konsequenzen werden sich Ihrer Meinung nach sonst noch aus der Energiepolitik der Bundesregierung ergeben?“

Mamat: „Ich bin da etwas zurückhaltend mit Prognosen – politische Haltungen und die öffentliche Meinung hängen von vielen Faktoren ab, wie wir am Beispiel Fukushima und seinen Folgen gesehen haben. Im Moment sieht es leider so als, als würde die Energiewende an Dynamik verlieren, aber wir sollten gleichzeitig auch die Bürger und ihr Engagement nicht unterschätzen. Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung befürwortet die Energiewende nach wie vor – zudem ist ein erheblicher Teil der Solaranlagen in privater Hand. Dieses starke Engagement für eine zuverlässige, sichere und saubere Energieversorgung sollte unterstützt werden. Leider hat der aktuelle Schwenk in der politischen Ausrichtung jedoch genau den gegenteiligen Effekt. Zudem liefern die letzten Initiativen der deutschen Bundesregierung in der Energiepolitik kaum Antworten auf die Herausforderung der steigenden Kosten für konventionelle Energien – und diese Antworten würden eigentlich dringend gebraucht.“

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