Interview mit Georg Hetz, Geschäftsführer der UDI, zum Thema „Energiepolitik der großen Koalition“
Wir haben ein Interview mit Georg Hetz, Geschäftsführer der UDI, zum Thema „Energiepolitik der großen Koalition“ geführt.
DeinEnergieportal: „Die neue Bundesregierung scheint einen Kurswechsel bei der Energiepolitik zu planen. Zumindest geben die letzten Vorschläge des Energie- beziehungsweise Wirtschaftsministers Gabriel einen Hinweis in diese Richtung. Welche konkreten Entwicklungen erwarten Sie für die nächsten Monate?“
Hetz: „Gabriel hat einen sogenannten Ausbaukorridor für Sonnen- und Windstrom onshore von je 2.500 Megawatt vorgeschlagen. Einspeisevergütungen sollen einer durchgehenden Degression unterliegen, die Vergütungssätze für Windenergieanlagen im Binnenland würden gekürzt und für die Bioenergie soll ‚wegen hoher Kosten‘ nur noch ein jährlicher Zubau von 100 Megawatt genehmigt werden. Hinzu käme, dass künftig die Betreiber von Windparks und Solaranlagen ihren Strom selbst vermarkten müssten und private Eigennutzer eine Umlage zahlen sollten, während die Befreiung von über 2000 Unternehmen nur ‚überprüft‘ werde. Dieser Weg führt in die falsche Richtung. Sollten die Vorschläge Gabriels tatsächlich so umgesetzt werden, hätten die Stromkonzerne natürlich Zeit gewonnen. Ihnen käme es zu Gute, dass die Windkraft auf See weiter massiv gefördert würde. Dabei ist es die Offshore-Energie, die den Strompreis erneut steigen ließe, da sie noch mit 19 Cent gefördert wird. Der Ausbau der dezentralen Windenergie an Land dagegen soll trotz höchster Effektivität und als kostengünstigster Ökostromlieferant gebremst werden. Ein Irrweg ist es auch, für die Bioenergie faktisch einen Ausbaustopp zu beschließen. Gerade weil diese Energieform bestens geeignet ist, Photovoltaik und Windenergie zu ergänzen. In Gabriels Papier muss noch viel nachgebessert werden, wenn die Gestaltung des zukünftigen Strommarkts nicht nur den Profiten der Konzerne dienen soll. Die Branche der Erneuerbaren muss noch gewaltige Lobbyarbeit leisten, auch wenn sie Unterstützung durch so manchen Landesfürsten bekommt.“
DeinEnergieportal: „Welche Auswirkungen werden diese Entwicklungen auf Ihr Geschäft vermutlich haben?“
Hetz: „Für uns würde das bedeuten, dass wir unsere Schwerpunkte neu überdenken und verschiedene Projekte mehr und mehr ins Ausland verlagern müssten. Sollte es tatsächlich beschlossen werden, dass der jährliche Zubau für Bioenergie nur noch 100 Megawatt betragen darf, dann ist das der Tod der Bioenergie in Deutschland. 100 Megawatt entsprächen gerade einmal 30 Anlagen, die überwiegend mit Abfall- und Reststoffen betrieben werden müssten. Sollten tatsächlich die Vergütungssätze für Windenergieanlagen im Binnenland gekürzt und nur noch gefördert werden, wenn sie auf einen Windertrag von 75 bis 80 Prozent kommen, hieße das beispielsweise, dass so gut wie keines der Windräder in Baden Württemberg mehr gefördert würde. Das kritisierte auch der Stuttgarter Umweltminister Franz Untersteller in der ‚Stuttgarter Zeitung‘.“
DeinEnergieportal: „Welches Vorgehen für die Zukunft halten Sie persönlich für am sinnvollsten?“
Hetz: „Es wäre die Aufgabe der Politik, die Eckpunkte so festzulegen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zügig und dezentral zu realisieren ist. Wind-, Solar- und Bioenergie ergänzen sich optimal und reduzieren den kostspieligen Netzausbau enorm. Viele Menschen nehmen ihre Energieversorgung selbst in die Hand. Das sollte die Politik unterstützen, statt ihnen Steine in den Weg zu legen. Erzeugergemeinschaften und Selbstversorger dürfen keinesfalls durch zusätzliche Kosten belastet werden. Die Braun- und Steinkohlekapazitäten sollten bis 2030 nach einem festen Masterplan zurückgefahren werden. An deren Stelle muss man sich zum Aufbau von Gaskraftwerken verpflichten. Wichtig ist meiner Meinung nach auch, die Investitionen in die weitere Erforschung von Speichermedien zu forcieren.“
DeinEnergieportal: „Welche Konsequenzen werden sich Ihrer Meinung nach sonst noch aus der Energiepolitik der Bundesregierung ergeben?“
Hetz: „Wenn ich das nun einmal ganz schwarz sehe, dann ist die Energiewende damit bis auf Weiteres ausgebremst. Kohle und Atomkraft erleben ein Revival. Gewinner dabei sind einzig die großen Energiekonzerne. Bestenfalls käme es durch diese Politik zur Verzögerung und Verlangsamung der Energiewende. Verlierer dabei wären die Natur und der Klimaschutz, also wir alle.“
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